Würde ich das überleben?

  • Auf direxplorers und auf rebreatherworld gibts sehr interessante Freds zu diesem Thema.


    Die Thematik IMHO, egal ob Sportie oder Tekkie - immer heiss!
    Ganz nah dran an vielen Unfallursachen und -ereignisketten, zu oft vernachlässigt oder verdrängt.


    An der, vielleicht zu komplexen Ausrüstung tritt ein Fehler auf, den Rest besorgt dann Tauchers Kopf der Mühe hat, sich selbst und die Situation unter Kontrolle zu halten.


    Ob nun in Hemmoor ( warum gibts eigentlich in Hemmoor soviele Vereiser unter Sporties? )
    auf 30m dem OWD mit 25 Tg's das Schnüffelstück vereist,
    oder dem Ledernacken mit den gerne zu jedem womöglich passenden Anlass ganz nebenbei erwähnten 8500 Tg's auf 240m die Elektronik zerquetscht wird.


    Im Kopf beider Probanden entstehen diesselben synaptischen Reize, der eigentliche Anlass initiiert abrupt aufkommende, im schlimmsten Fall handlunghemmende Todesangst, es entstehen sekündlich neue Probleme ( z.B. Tarierverlust, AMV nähert sich 100l/min ), Gassharing mit dem Buddy geht schief...usw...das ganze Programm, die Spirale zirkelt sich ein und viel zu oft wird aufgrund eines kleinen Problems danach eine Lebensversicherung fällig.


    Fragen:



    Bin ich "Panikproof"?


    Kann ich das, z.B. mit Mentaltraining verbessern?


    Kann ich in solcherlei Situation richtig reagieren oder belüge ich mich?


    Habe ich mich ausreichend mit dem Thema auseinandergesetzt?


    Haben mir kleinere Ereignisse gezeigt dass mein Kopf genau dann funktioniert?


    Hilft mir tiefes und dunkles Solotauchen, um meine Panikrestenz zu stählen?


    Wie behandeln die Ausbilder von Sporttauchverbänden, dieses, IMHO schon für den Anfänger relevante Thema?


    Ist das in weiterführender, technischer Ausbildung auf den Tisch gepackt worden?


    Kann die beste Ausbildung der Welt helfen oder fördert diese Selbstverarschung?


    Kann die beste Ausrüstung der Welt helfen oder fördert diese Selbstverarschung?


    Ist meine Ausrüstung genau für diesen Fall simpel genug konfiguriert?
    Sind die von mir erlernten Notfallprozeduren simpel genug, hab ich das alles drauf?


    Tauche ich das für die Tiefe richtige Gas welches mir einen glasklaren Kopf beschert?


    Hilft die komplexe Simulation von Ereignisclustern während der Ausbildung?


    Woran erkenne ich jemanden der sich vielleicht selbst was vormacht,
    als Tauchpartner oder als Ausbilder?


    Brevetiere ich als Ausbilder denjenigen ohne Kommentar mit einem weiterführenden Schein, der dem Taucher vielleicht als Vehikel zur weiteren Selbstverarschung dient?


    Und, meine eigentliche Frage:


    Hat jemand Literaturvorschläge auf Deutsch zu diesem Thema?



    Tom Mount, Mr. IANTD und einer der Godfathers des freizeitorientierten technischen Tauchens, seines Zeichens mit langjähriger Erfahrung als Mentaltrainer vertrat in einem Thread die Meinung, dass
    DIE MEHRZAHL
    der technischen Freizeittaucher kaum Chancen haben, Ereignisketten die sich bis zur unmittelbaren Lebensbedrohung aufbauen zu überleben.



    Gruss,
    Hoffi

  • Hi Hoffi,


    Du sprichst einen guten Gedanken an, der mir auch schon durch den Kopf ging.


    Ein paar Anmerkungen meinerseits:
    Stressresistenz kann trainiert werden und ist auch Erfahrungssache.
    Das Ziel muss es immer sein, möglichst weit vorne ind er Spirale einzugreifen:


      Wenn die braune Masse in den Stiefeln steigt, können Kleinigkeiten an der Ausrüstung den Stresslevel schnell heben.



      Durch Aufmerksamkeit des Partners können Probleme schon in der Entstehung gelöst werden.



      "Auswendig gelernte" Abläufe helfen in einer stressigen Situation automatisch das zu tun, was die Situation entschärft, ohne nachzudenken. Das etzt voraus, daß die Abläufe vorher genau überlegt und auf die Situation (z.B. Ausrüstung) angepasst sind.


    Es gilt also immer, die Situation im Vorfeld abzufangen bzw. so schnell wie möglich die Spirale zu beenden. Irgendwann kommt jeder an den Punkt, an dem er überschnappt. Ist nur eine Frage des Drucks.


    Wer mir von der psychischen Stärke her stark imponiert sind einige Höhlentaucher der schwäbischen Alb. Da gibts Geschichten, da träum ich schlecht von!


    Grüßle
    Peter

    Richtige Flossen haben 33Ah, aber ganz sicher keine Schlitze!

  • Zum Allgemeinthema...


    Ja, Stressmanagement und Panik"bekämpfung" (bis zu einem gewissen Grad) ist erlehrnbar und trainierbar...
    zwei ganz wichtige Größen dabei sind natürlich Erfahrung und Routine...
    und klar auch abhängig vom Einzelnen und seiner psychischen Verfassung und damit Belastbarkeit.


    Das gilt nicht nur beim Tauchen! Aber dort endets halt meist fatal, wenn die Spirale nach unten nicht durchbrochen wird :(


    Zum Tauchen selbst hab ich glaub zu dem Thema nix, ich müßt aber in irgendwelchen Kartons noch ganz gute Bücher zu dem generellen Thema haben... ?( Mach mich mal heut abend auf die Suche, vielleicht werde ich fündig.

  • Man sollte aber aufpassen:
    -Nicht jeder Bullshit den man macht und ueberlebt fuehrt direkt zu mehr Ueberlebensfaehigkeit.
    -Esoterische Ansaetze helfen auch nicht.


    Aber:
    Man sollte sich vorher mit seinem tauchpartner ueber alle Wenn und Abers unterhalten und diese durchdenken.
    Nach einiger Zeit ist man dann erstaunt wie wenig echte Ueberraschungen es noch gibt. Und wenn, dann bleibt man meist recht gelassen.

  • Zitat


    Bin ich "Panikproof"?


    Kann ich das, z.B. mit Mentaltraining verbessern?


    Kann ich in solcherlei Situation richtig reagieren oder belüge ich mich?


    Stressmanagement fängt bei mir mit Schwimmtraining und Apnoe orientiertem ABC Training an. Das ist für mich Metaltraining.
    Wenn mal einmal pro Woche im Training eine ohne Luft Situation hat, bei der man schon am Limit ist und trotzdem nicht auftauchen kann, trägt das zu Abhärtung bei. Dabei kann man sich nicht betrügen da man konkret die Erfahrung hat.


    Aber wer macht schon sowas. Die Ledernacken :) tauchen so viel, das für solches Training keine Zeit mehr ist und die nachfolgende Generation hat auf den sportlichen Aspekt keine Lust mehr. Fundiving ist angesagt. Die Technik relativiert die schwächen des Körpers.


    Zitat


    Kann die beste Ausbildung der Welt helfen oder fördert diese Selbstverarschung?


    Bei der Anfängerausbildung denke ich schon das es etwas hilft. Bei CMAS werden z.B. komplexe Manöver gübt (Aufstieg unter Wechselatmung, Rettung als Apnoe) die bei PADI weggelassen werden, mit der Begründung das das Manöver an sich keine Standardprozedur ist und damit unnötig. Es geht aber meiner Meinung nach mehr darum seine Grenzen im Umgang mit der Unterwasser-Situation zu Erfahren und sich selbst kritisch zu betrachten.

  • Zitat

    Original von db8us
    Man sollte aber aufpassen:
    -Nicht jeder Bullshit den man macht und ueberlebt fuehrt direkt zu mehr Ueberlebensfaehigkeit.
    -Esoterische Ansaetze helfen auch nicht.


    :rofl: Nein, definitv nicht!!! Bei beidem hast Du vollkommen und uneingeschränkt meine Zustimmung :D

  • Hi,


    Literatur kenne ich leider keine


    Aber trotzdem ein paar Anmerkungen


    Zitat

    Original von PeterG


    Es gilt also immer, die Situation im Vorfeld abzufangen bzw. so schnell wie möglich die Spirale zu beenden. Irgendwann kommt jeder an den Punkt, an dem er überschnappt. Ist nur eine Frage des Drucks.


    das ist meiner Meinung und Erfahrung der springende Punkt. Im allg. entwicklen sich solche Situationen und irgendwann ist der Punkt, erreicht, wo nichts mehr geht.


    Ich hatte vor vielen Jahren einen Beinahe-Tauchunfall. Es war eine Verkettung vieler Dinge. Heutzutage wuerde ich den Tauchgang gar nicht mehr machen oder abbrechen. Irgendwann kam dann der Punkt, wo es zu viel wurde und ncihts mehr ging. Hat lange gedauert, aber er kam.


    Wichtige Punkte sind fuer mich:


    - Immer ueberlegen, ist es der Tag fuer diesen Tauchgang, ihn auch nicht machen. Auch wenn man noch so weit gefahren ist, xy, Euro bezahlt hat, dem Buddy den TG versaut oder fuer manche als schlechter Taucher gilt. Ich durfte nach einem abgebrochenen TG den Rest des Urlaubs mit TL tauchen, da ich als schlechte Taucherin galt, weil man so etwas nicht macht.


    - Sich Tauchpartner fuer anspruchsvollere Tauchgänge sehr genau raussuchen. Viele tauchen mit dem "Mund", UW sieht es ganz anders aus.


    - Richtige Ausruestung fuer den Tauchgang. Z.B. eine erste Stufe muss im Kaltwasser wirklich nicht mehr sein.


    - Man muss nicht jede Erfahrung selbst machen. Manchmal wissen Leute, die schon länger tauchen auch etwas


    - Gewisse Dinge kann man ueben bzw. auch aendern, sei dies Flasche zudrehen oder halt versuchen umzukonfigurieren, damit es geht. Einige Punkte werden in der Ausbildung bis zum CMAS *** meiner Meinung nach zu wenig vermittelt.


    Ich bin, da ich auf die o.g. Punkte achte, bekannt, bei manchen auch verrufen, dass ich auf gewisse Dinge bestehe. Habe gerade letztes WE bei einer netten Diskussion gesagt bekommen, dass ich sicher eine hohe Lebensversicherung habe, da ich Angst habe. Angst habe ich keine, aber Resepekt und den gilt es nie zu verlieren.


    Wenn es zu einer bedrohlichen Situation kommt, ist das A und O den Kopf nicht zu verlieren. Erst mal nachdenken und dann handeln (ist natuerlich guenstig, wenn man sich im Vorfeld irgendwann schon Gedanken gemacht hat, was waere wenn bzw. Alternativen hat)
    Ein guter Tauchpartner kann natuerlich in dem Falle hilfreich sein, aber "Gottvertrauen", der Tauchparnter wird alles schon richten, ist meiner Meinung nach auch der falsche Weg.


    Gruesse Anne

    "Ich bin wie ich bin. Die einen kennen mich, die andern können mich"
    Konrad Adenauer
    DWDD :engelNX:

  • In einem nicht näher benannten Kurs sollten die Teilnehmer zur Erlangung des Titels Rettender Taucher den Aufbau ihrer Ausrüstung, der Ausrüstung ihrer Dauer-/Tauchpartner und die Prozedere für eine OOG-Situation erläutern.


    Ersteres ging mit Hilfestellung im Team, Punkt 2 nur noch mit groben Schätzungen und Daumen-Peilung, 6 Teilnehmer ergaben 6 verschiedene Szenarien.


    Wohlfühlfaktor? Komfortfaktor?
    Equipmentbriefing? Tauchgangsbesprechung?
    Vielleicht noch etwa Gasmanagement?


    Fäääählanzeigääää!


    Alles einigermassen routinierte Taucher mit bis zu 350 TG in Kalt- und Dunkelwasser.


    Soviel zu Routine und Vernachlässigungen aufgrund von Selbstüberschätzungen am Baggersee.


    A.

  • Ich glaube man muss in dieser Ebene "Panikproof" zwei Ebenen unterscheiden:


    Vorbereitung und Handling


    Vorbereitung bereitet mich auf das vor was passiert bzw. passieren könnte. Dazu wurde hier ja schon genug gesagt und geschrieben.


    Handling ist dann meiner Erfahrung nach eine Kombination aus den Punkten:


    - eigene Stabilität, Souveränität, coolness
    - Erfahrung und Wissen
    - Vorstellungskraft
    - und eine Portion Glück


    Ich war lange Jahr in Deutschland im Rettungsdienst tätig und hatte zum Schluss noch eine Führungsaufgabe in einer Unterstützungseinheit für Grossschadensfälle. Ich bin mit jedem selbst geführten Einsatz gewachsen (Erfahrung und Wissen), ich wusste welche Konsequenzen und Wirkungen meine Entscheidungen haben werden (Vorstellungskraft). Die eigene Persönlichkeit musste ich mir dazu selber formen. Es war immer wieder lustig zu sehen, wie man schon bei Planspielen alte Hasen völlig aus dem Konzept bringen konnte, in dem man sie verunsichert hat.


    Da allerdings kann man eigene Mechanismen entwickeln und da helfen Trainings und Coachings sehr gut diese zu finden ob das nun Mentaltrainer sind oder einfach nur gute Berater ist mir egal. Ich habe im Beruf einen Mentor, der mich schon mehr als einmal umgekrempelt hat. Bringen tut sowas ganz sicher was - Du musst nur noch in der Lage sein die Mechanismen zu starten.


    Insofern wüsste ich auch nicht, ob ich überlebe, hätte aber in vielerlei Hinsicht ein gutes Gefühl. Beim Tauchen kann ich zum Glück ja noch selbst entscheiden wie tief ich mich in die Schei**e reinreite. Ich kann zumindest die Parameter des TG bestimmen. Ein wesentlicher Vorteil!


    MONSTI

  • Zitat

    Original von db8us
    -Esoterische Ansaetze helfen auch nicht.


    Uh, schnell antworten, dieser indische Einwurf ist prädestiniert um an meinem Ruf als Eso-schlampe zu arbeiten :-D


    Ich hatte nicht den Eindruck dass Mr. Mount mit seinen Statements vordergründig auf der Suche nach neuen Zielgruppen für Qi Gong-kurse war oder ist. Auch planen, so scheints, weder er noch Mr. Dituri die Aufnahme von Psychokinetik in die Standards des frisch zurückeroberten IANTD.


    Chi-training hat auch in meinem engeren Bekanntenkreis nicht vorm Tode geschützt,
    in jenem Falle wurde versucht, Lymphdrüsenkrebs im Spätstadium und nach dem Scheitern aller, der Schulmedizin zur Verfügung stehenden Mittel zu kontrollieren.
    Wers glauben mag, der Haupttumor hat sich nocheinmal, nach Einstellung aller Primärmassnahmen, also allein mit Willenstraining für zwei Jahre von Grapfruit- auf Taubeneigrösse reduziert.


    Der Vergleich erhebt natürlich keinerlei Anspruch auf Allmacht, auch hinkt er ein bisserl, bei Ausübung von Extremsportarten gehts ja eher um Zeitkorridore in Minutenlänge.


    Beruflich hatte ich bereits einige Male mit Martial Arts-leuten zu tun,
    da gab es einige hochgradig beeindruckende Momente.


    Label hin oder her, ich denke, für das Auftreten von prekären Situationen spielt das Thema
    Bewusstseinskontrolle, vulgo Willensstärke und ein etwaig daraus resultierender Überlebenswille für den letzten Rest jenseits des Erlernbaren eine vielleicht nicht unerhebliche Rolle.


    Etwas womit ich bei Dir und Reinhard als Beobachter eher weniger Probleme sehe. :loool:


    Und, da herrscht wohl Einvernehmlichkeit,
    es lässt sich mit dem Bouquet aus Erfahrung, relaxter Grundeinstellung, guter Ausbildung, Fertigkeiten und sinnvoller, tatsächlich funktionierender Ausrüstung der Korridor klarer eingrenzen, in welchem Probleme zur Bedrohung erwachsen.


    Mir gehts jedoch vornehmlich um das kleine, letzte Quentchen,
    Tauchen und jeglicher anderer Extremsport scheint mir da prädestiniert zu sein, sich was vorzulügen.
    Ich für meinen Teil möchte tunlichst bemerken, ab wann ich mich und meinen Tauchpartner verarsche.
    Das Regularium einer funktionierenden Gruppe kann da sicher helfen.


    Besten...
    Hoffi

  • Zitat

    Original von nskdrs
    [...] (und) tatsächlich funktionierender Ausrüstung [...]


    Stimmt, sicher ein Ansatz, der bislang noch kaum erwähnt wurde :D


    MONSTI - bis Samstag

  • Zitat

    Original von Monsta


    Stimmt, sicher ein Ansatz, der bislang noch kaum erwähnt wurde :D


    MONSTI - bis Samstag



    Stimmt das kommt im allgemeinen echt zu kurz auf den boards =) :teufel:


    CU

  • Hallo,



    http://www.panik-attacken.de/selbsthilfe/kognitive.html


    Der Verfasser dieser Seite ist wohl der Meinung, dass man seine eigenen Fähigkeiten auf diesem Gebiet trainieren kann.



    Ich könnte mir vorstellen, dass die eigene Psyche immer dann besonders belastet wird, wenn man in eine Situation gerät, für die man nicht von vornherein Lösungansätze bereit hält. Je mehr trainierte Handlungsalternativen bei einem Problem zur Verfügung stehen, desto geringer ist letztendlich das Problem zu bewerten.


    Etwas anders formuliert: Wenn die Psyche oder auch die Ausrüstung nicht mit dem Tauchplatz harmonieren, ist man einem Problem sehr nahe.....


    Gruß
    scuba62

  • Zitat

    Original von nskdrs
    Label hin oder her, ich denke, für das Auftreten von prekären Situationen spielt das Thema Bewusstseinskontrolle, vulgo Willensstärke und ein etwaig daraus resultierender Überlebenswille für den letzten Rest jenseits des Erlernbaren eine vielleicht nicht unerhebliche Rolle.


    Ich frage mich gerade, ob ein starker Überlebenswille tatsächlich auch eine entsprechende Handlungsfähigkeit im letzten Quentchen nach sich zieht?

  • Ich glaube medizinisch gesehen ist der "finale Überlebenswille" doch eine nicht steuerbare Angelegenheit (ich glaube da gibts auch einen schönen lateinischen Ausdruck, den ich gerade vergessen habe) - ergo IMHO nicht trainierbar. Dadurch aber auch nicht rational einsetzbar.


    Gruss MONSTI

  • Zitat

    Original von Mariiie
    Ich frage mich gerade, ob ein starker Überlebenswille tatsächlich auch eine entsprechende Handlungsfähigkeit im letzten Quentchen nach sich zieht?


    Ich spreche jetzt einfach mal aus eigener Erfahrung. Prinzipiell ja, aber irgendwann kommt der Punkt, an dem zuviel zusammen kommt und einfach nichts mehr geht.


    Ich fasse mal meinen TG, der schon in der Richtung lief kurz zusammen.


    80 TG´s man glaubt man kann schon recht viel.
    Viele Verkettungen im Vorfeld, abtauchen: Eigendlich haette ich TG da schon abbrechen bzw. nicht mehr machen sollen.


    Mit nur einer ersten Stufe im Suesswasser tauchen gewesen. Mein Mann hatte auch ein Problem, geht zum Erfahrensten in der Gruppe, der nichts blickt. Er bricht alleine ab. Ich tauche zu dem Erfahrenen hin,frage was ist los. Er zeigt mir wir gehen weiter tauchen. Mein Automat bläst 1-2 min spaeter ab. Ich zeige es ihm mit dem Zeichen, habe keine Luft mehr. Er taucht trotz 3 oder 4 mal das selbe anzeigen weiter. Ich war lange ruhig, aber irgendwann doch nicht mehr. Irgendwann hatte ich ihn doch soweit, dass wir hochtauchen. Ich fange an seine 2. erste Stufe zu suchen, obwohl ich aus meiner noch Luft bekommen habe, aber war best. Punkt erreicht. Ich meinte, ich habe sie und nehme meinen Automat aus dem Mund, leider war sie es nicht und ich finde meinen Automat nicht mehr. Habe ihm dabei seine Maske runtergeschlagen. Wir haben aus ca. 35m einen kontrollierten Aufstieg gemacht. Trotz Ueberlebenswillen ging irgendwann gar nichts mehr und ich habe das alles gemacht was man nicht sollte... Habe nochmals an meine Kinder gedacht und dachte eigendlich nicht, dass ich nochmals heil hochkomme. Da ist dann ein Riss. Ich weiss nur noch wie ich hochgekommen bin, gespuckt habe und nach meinem Mann gerufen habe. Mein TP signalisierte alles o.k. Er hatte bis zu dem Zeitpunkt nichts geblickt. Passiert ist mir nichts, ich habe mir aber 2 Jahre ueberlegt das Tauchen zu stecken. Bin eigendlich nur wieder tauchen gegangen, um wieder "normal" ins Wasser zu koennen, da ich durch den Vorfall Panikattacken hatte. Irgendwann habe ich gemerkt, tauchen macht mir doch Spass und habe das Tauchen nicht gesteckt. Der Tauchgang war vor 10 Jahren. Habe ihn schon lange verarbeitet, denn sonst wuerde ich nicht mit Trimix und stage ins Wasser gehen.


    Ich bin aber sehr konsequent geworden, sei dies in Sachen TG-Abbruch, falsche Ausruestung oder mit wem ich anspruchsvollere Tauchgänge mache. Trotz dieser Konsequnenz gibt es aber immer noch genuegend Taucher, die diese Sachverhalte genauso sehen und deshalb gerne mit mir tauchen gehen. Andere muessen halt damit leben, dass wir nicht zusammen tauchen gehen koennen.


    Ich habe diese Geschichtel an einem Vereins-Bodensee-WE erzaehlt. Es waren viele mit nur einer ersten Stufe unterwegs. Die Problematik wurde erst erkannt, als bei einem TG 2 wegen eines abblasenden Automaten und nur einer ersten Stufe hochgebracht werden mussten.


    Gruesse Anne

    "Ich bin wie ich bin. Die einen kennen mich, die andern können mich"
    Konrad Adenauer
    DWDD :engelNX:

  • Ich hatte leider auch schon mal so eine verkettung (Vereiser, falsch reagiert, Notaufstieg) die ich gottseidank ohne Schadeb überstanden habe.


    und da ist einen eins klar - ein 2. tes mal wird so eine Sache nicht mehr so gimpflich ausgehen.


    Also - beim kleinsten anzeichen von irgeneinen Unwohlsein od Problem ab an die oberfläche (bzw. fertigtauchen in zumutbaren (hellen) bereichen.


    man/frau muss sich einfach bewusst sein das das Wasser nicht unser natürliches element ist und sich entsprechen (Ausrüstung und mental - der Gefahr bewußt aber ohne Angst) darauf vorbereiten.

  • ...erstmal ein soziologischer Kommentar...


    Warum Extremsport (tauchen gehört übrigens auch in diese Kategorie!)?


    o Alltagsmonotonie
    o Reizüberflutung
    o Reizarmut
    o Spaß
    o Druckentladung, Frust, Entspannung
    o Gruppenzwang, Selbstaufwertung
    o Grenzerfahrungen
    o Abenteuertourismus
    o Flucht vor Langeweile
    o Kickerleben
    o Experimentierfreude
    o Selbstverletzendes Verhalten
    o Wettkampf mit den Naturgewalten
    o Verwirklichung eines Lebenstraums
    o Grenzerlebnisse
    o Streben nach Einzigartigkeit



    Nun gilt es die Ursachen für die Ausübung von Extremsport zu beleuchten. Dafür habe ich eine Erhebung von Opaschowski aus dem Jahr 1999 zu Grunde gelegt. Es handelt sich um eine Repräsentativbefragung von 3000 Personen ab 14 Jahren. Zudem wurden 217 Extremsportler befragt.
    Die Hauptmotivation eine Extremsportart auszuführen ist der Spaßfaktor. 66 % der befragten Extremsportler und 50 % der anderen Befragten gaben Spaß als Hauptgrund an.
    An zweiter Stelle rangiert die Flucht vor der Langeweile mit 57 % ES und 63 % GB.
    Die dritte Position im Ranking der Gründe Extremsport zu betreiben stellt die Lust nach dem ultimativen Kick dar. (52 % ES 59 % GB)
    Der Erlebnishunger, die Lust auf Spaß, die Angst vor Langeweile motivieren den Menschen unnötige Risiken einzugehen. Jedoch sollte das Risiko kalkulierbar sein.


    Allerdings bleibt zu erwähnen, dass Extremsport auch als ein Medium für selbstverletzendes Verhalten genutzt wird. Autoaggression tritt in der Wendung der Aggressionen gegen sich selbst auf. Die Grenzerfahrungen und das Spiel mit der Gefahr führen dazu, dass Betroffene eine Entlastung erfahren bzw. sich selbst spüren und die pathologische innere Leere (existentielle Langeweile) temporär vergessen können. Es ist unklar, wie hoch der Prozentsatz dieser Personengruppe ist.


    So lange das Risiko kalkulierbar ist, ist es ein gutes Mittel, um die Langeweile und die Überdrussgefühle aus der Wohlstandsgesellschaft zu vertreiben. Der Mensch in unserer Gesellschaft ist gegen die meisten Gefahren des Lebens versichert. Opaschowski spricht von einer „Vollkasko-Mentalität“ 25 % der Extremsportler geben als Grund für ihr Hobby Überdruss und Sättigung an. Da wir keine existentiellen Krisen zu überwinden haben, versuchen wir es auf einer anderen Ebene.
    Jedoch besteht eine Suchtgefahr nach körpereigenen Drogen wie z.B. Adrenalin. Diese treibt den betroffenen Extremsportler dazu immer größere Risiken einzugehen.

  • Hallo Flu,


    interessant auch einmal ein paar Soziolog. Betrachtungsweisen zu hören.


    Bei der Einstufung des Tauchens als Extrem- oder Risiko Sport denke ich, sind auch die Versicherungen beteiligt, um sich bei einem eventuellen Unfall Rückzugsmöglichkeiten offenzuhalten,.. damit meine ich nicht unbedingt Tauchunfallversicherungen.


    Vielleicht kommt auch noch dazu, dass man Situationen subjektiv falsch einschätzt und damit ein Routinevorgang, den man schon zig mal durchgeführt hat und über den man nicht mehr besonders darüber nachdenkt, plötzlich gefährlich wird, weil irgend was unvorhergesehenes passiert.
    So hört man ja immer wieder, dass sehr erfahrene Tec Taucher bei ganz "banalen" Tauchgängen verunglücken.


    LG


    Hubert

    Gruesse


    Hubert


    --
    Der Finder von Stil-, Grammatik und Rechtschreibfehlern darf diese behalten

  • Hallo,



    diese Antwort erhielt ich mal vor ca. 2 Jahren von jemanden der einen Großteil aller Tauchunfälle im deutschsprachigen Raum bearbeitet:



    "MEIN Eindruck ist, dass die Tauchunfallquote seit ca. 2 Jahren wieder STEIGT - und zwar deutlich. Ich bringe das aber nicht mit der Ausbildung, sondern mit dem Individualverhalten in Verbindung. Der Mensch sucht Freiheiten in einer Gesellschaft, die immer mehr Zwängen unterliegt und kaum Gestaltungsspielraum läßt.

    Die Bereitschaft, Risiken einzugehen oder gar zu suchen, steigt beim Tauchsport und beim Snowboarden, beim Paragliding und beim Höhentrekking....."


    Gruß
    scuba62