Vorgestern (20.04.2008) war eine Pressekonferenz an der Wasserwacht
in Allmannshausen bei der die bereits angekündigten Änderungen der
gültigen Allgemeinverfügung bekanntgegeben wurden.
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Vollzug der Wassergesetze;
Allgemeinverfügung zum Tauchen mit Atemgerät im Starnberger See vom
18.08.1994, zuletzt geändert mit Bescheid vom 21.07.1997
Das Landratsamt Starnberg erlässt folgenden
Bescheid:
1. Der Bescheid des Landratsamtes Starnberg vom 18.08.1994
(Allgemeinverfügung) über die Erteilung der beschränkten
wasserrechtlichen Erlaubnis nach Art. 17 des Bayerischen
Wassergesetzes (BayWG) für das Tauchen mit Atemgerät im Starnberger
See, zuletzt geändert mit Bescheid des Landratsamtes Starnberg vom
21.07.1997, wird wie folgt ergänzt:
1.1. Nach dem Punkt I.7.18 wird der Punkt I.7.19 mit folgendem Inhalt
eingefügt:
„Tauchgänge im Alleingang sind verboten."
1.2. Nach dem Punkt I.7.19 wird der Punkt I.7.20 mit folgendem Inhalt
eingefügt:
„Für alle Tauchgänge ist eine komplette kaltwassertaugliche
Ausrüstung (insb. zwei getrennt absperrbare kaltwassertaugliche (EN
250)/ kaltwasserzugelassene Atemregler) zu verwenden. Bis zu einer
Tauchtiefe von max. 20 Metern kann hiervon abweichend auch ein
sogenanntes „Oktopussystem" verwendet werden.
Jeder Taucher muss mit Kälteschutz und Kopfhaube ausgerüstet sein.
Die Verwendung eines eigenen Tauchcomputer wird empfohlen."
1.3. Nach dem Punkt I.7.20 wird der Punkt I.7.21 mit folgendem Inhalt
eingefügt:
„Das Tauchen mit Pressluftgeräten ist nur bis zu einer Wassertiefe
von 40,00 Metern erlaubt."
1.4. Nach dem Punkt I.7.21 wird der Punkt I.7.22 mit folgendem Inhalt
eingefügt:
„Technische Taucher (z.B. Trimixtaucher) dürfen Tauchgänge
unternehmen, sofern Sie über eine gültige Lizenz verfügen, die von
einer international anerkannten und nach geltenden Standards
ausbildenden Organisation ausgestellt wurde. Sie müssen über eine,
für einen solchen Taucheinsatz geeignete, Tauchausrüstung verfügen.
Die Beherrschung der Ausrüstung sowie der Rettungs-/
Sicherheitsskills werden vorausgesetzt."
1.5. Nach dem Punkt I.7.22 wird der Punkt I.7.23 mit folgendem Inhalt
eingefügt:
„Bei der Anfängertauchausbildung ist der Grundsatz eines 1:1 –
Verhältnisses zwischen Tauchausbilder und Tauchschüler, bei der
fortgeschrittenen Tauchausbildung ist der Grundsatz eines 1:2 –
Verhältnisses zwischen Tauchausbilder und Tauchschüler einzuhalten."
2. Für diesen Bescheid werden keine Kosten erhoben.
Gründe:
I.
Seit 1994 ereigneten sich im Tauchrevier „Allmannshauser Steilwand /
Seeburg" am Starnberger See insgesamt 11 tödliche Tauchunfälle, 35
Personen wurden bei weiteren Unfällen zum Teil schwer verletzt. Aus
Sicht der Polizeiinspektion Starnberg stellt dieser Bereich
mittlerweile eine absolute Gefahrenstelle im besonderen Einzelfall
dar.
Im Nachgang zu den beiden letzten tödlichen Tauchunfällen am
Starnberger See / Allmannshauser Steilwand (an der Seeburg) am
18.03.2007 und 27.06.2007 fanden verschiedene Gespräche zusammen mit
der Polizeiinspektion Starnberg und diversen Verbänden statt. Zudem
wurden im Vorfeld Rettungsorganisationen und Verbände zu einem
ebenfalls in Betracht genommenen Tauchverbot gehört.
Als Ergebnis dieser Gespräche bleibt festzuhalten, dass der
Tauchsport am Starnberger See (und auch an der Allmannshauser
Steilwand / Seeburg) weiterhin grds. möglich sein und damit nicht
generell verboten werden soll. In Anbetracht der Tauchunfälle der
vergangenen Jahre, die sich nicht ausschließlich an der
Allmannshauser Steilwand / Seeburg ereigneten, sind aus Sicht der
Sicherheitsbehörden allerdings Einschränkungen in Form von
weitergehenden Auflagen zum Sporttauchen erforderlich, wenn das
Sporttauchen am Starnberger See nicht generell untersagt werden soll.
Damit sollen letztlich weitere Unfälle vermieden oder zumindest
vermindert werden.
II.
Die Erteilung der wasserrechtlichen Erlaubnis in Form einer
sogenannten Allgemeinverfügung richtet sich nach den §§ 35 ff. des
Bayerischen Verwaltungsverfahrensgesetzes (BayVwVfG). Dieser Bescheid
ist an alle Personen gerichtet, die in Zukunft im Starnberger See mit
Atemgerät tauchen wollen, und ist für diese verbindlich.
Dieser Bescheid gilt mit dem auf die Veröffentlichung im Amtsblatt
für den Landkreis Starnberg folgenden Tag als öffentlich bekannt
gegeben und wird damit wirksam (Art. 41 Abs. 3 und 4 BayVwVfG). Bei
der öffentlichen Bekanntmachung konnte auf die Begründung verzichtet
werden (Art. 39 Abs. 2 Nr. 5 BayVwVfG).
Das Tauchen mit Atemgerät fällt in Bayern nicht unter den allgemein
zulässigen Gemeingebrauch nach Art. 21 Abs. 1 Satz 1 BayWG. Die
Kreisverwaltungsbehörden können aber durch Rechtsverordnung oder
Allgemeinverfügung geeignete Gewässer für das Tauchen mit Atemgerät
zur Ausübung des Gemeingebrauchs widmen (Art. 21 Abs. 1 Satz 4 in
Verbindung mit Art. 22 BayWG). Das Landratsamt Starnberg hat von
dieser Möglichkeit im Jahr 1994 Gebrauch gemacht und das Tauchen im
Starnberger See mit nur wenigen wasserwirtschaftlichen und
naturschutzrechtlichen/ fachlichen Einschränkungen durch
Allgemeinverfügung gestattet.
Aufgrund der zahlreichen schweren Unfälle beim Sporttauchen vor allem
im Gebiet um die Steilwand bei Allmannshausen auf der Ostseite des
Starnberger Sees (seit 1994: 11 Todesfälle und 35 zum Teil
Schwerverletzte) hat sich im Laufe der Jahre allerdings gezeigt, dass
die bestehenden Einschränkungen nicht mehr ausreichen um die – vor
allem tödlichen – Unfälle zu vermeiden. Daher wurde von verschiedenen
Seiten eine strengere Reglementierung des Sporttauchens am
Starnberger See mit Atemgerät aufgrund dieser im Lauf der Zeit
entstandenen besonderen Gefahrenstelle gefordert.
Hiergegen bestehen grundsätzlich keine Einwände, da es im Wasserrecht
keinen Anspruch des einzelnen Staatsbürgers auf Begründung oder
Aufrechterhaltung des Gemeingebrauchs an einem bestimmten Gewässer
gibt (vgl. hierzu auch Czychowski, WHG, 7. Aufl., § 23 RdNr. 10ff.).
Darüber hinaus spiegeln viele der erlassenen zusätzlichen
Einschränkungen lediglich die geltenden technischen Regeln wieder,
die hier zur Klarstellung für den gesamten Starnberger See zur
Geltung gebracht werden sollen.
Wer allerdings einen einmal begründeten Gemeingebrauch ausübt oder
ausüben will, kann ungeachtet dessen aber verlangen, dass bei
Eingriffen in diese Rechtsposition die einschlägigen Vorschriften des
formellen und materiellen Rechts beachtet werden (vgl. VGH Bad.-
Württ., Urt. v. 22.6.1987 - 1 S 1699/86 -, VBlBW 1988, 255, 256; im
Ergebnis ebenso Urt. v. 13.3.1987 - 5 S 279/86 -, VBlBW 1987, 377).
So ist insbesondere auch der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zu
beachten.
Nach Art. 22 BayWG kann die Kreisverwaltungsbehörde die Ausübung des
Gemeingebrauchs aus den dort genannten Gründen - insb. auch um
Gefahren für Leben und Gesundheit zu verhüten - regeln, beschränken
oder verbieten.
Es handelt sich hier um eine Ermächtigungsvoraussetzung, die ihrem
Tatbestand nach typisch sicherheitsrechtlichen Charakter trägt. Die
Gefahr ist hier ganz im sicherheitsrechtlichen Sinn zu verstehen: sie
liegt vor, wenn eine Sachlage besteht, die die erkennbare objektive
Möglichkeit eines Schadens enthält, der nach verständigem Ermessen
vorzubeugen ist. Es muss also die Möglichkeit eines Schadens
vorliegen, der die Schutzgüter Leben und Gesundheit (oder ein anderes
von den in Art. 22 BayWG genannten Schutzgütern) bedroht. Im übrigen
käme als weitere Ermächtigungsgrundlage zur Abwehr konkreter Gefahren
für Leib und Leben Art. 7 Abs. 2 Nr. 3 des Landesstraf- und
Verordnungsgesetzes (LStVG) in Betracht.
Weiter muss die getroffene Regelung geeignet sein, der Gefahrenlage
zu begegnen.
Tauchgänge im Alleingang stellen stets ein Risiko für den einzelnen
Taucher dar, da beim Auftreten einer Gefahrensituation dann keine
Hilfe von außen – sprich von einem zweiten Taucher – erwartet werden
kann. Gerade aber bei Tauchgängen ist jeder einzelne Taucher in einer
Gefahrensituation auf die Unterstützung eines Außenstehenden
angewiesen. Etwaige Gefahrensituationen können aber gerade von außen
auch nicht erkannt werden.
In diesem Zusammenhang ist – vor allem aus tauchmedizinischer Sicht –
auch zu beachten, dass das Tauchen mit Pressluft in einer Tiefe von
mehr als 40 Metern extrem gefährlich ist. Zudem sehen die
Ausbildungsrichtlinien der einschlägigen Tauchsportverbände dies auch
nicht vor.
Schon ab geringen Tauchtiefen ist der Starnberger See ein durchgehend
kaltes Gewässer (Wassertemperatur 4 °C). Dies stellt auch besondere
Anforderungen an die von einem Taucher zu verwendende Ausrüstung. Sie
muss grundsätzlich für den Einsatz in solch einem Gewässer geeignet
und auch zugelassen sein. Am Starnberger See gab es bereits
Tauchunfälle, die technische Ursachen hatten. Hier kam es auch immer
wieder vor, dass Atemregler während des Tauchgangs vereist sind. Dies
führte – mangels redundanter Atemreglersysteme – zu einem Ausfall der
Luftversorgung dieser Taucher. Dem kann begegnet werden, indem
redundante Atemreglersysteme, d.h. zwei getrennt absperrbare
kaltwassertaugliche Atemregler zum Einsatz kommen. Viele Taucher
haben dieses System allerdings nicht und verwenden ein sogenanntes
Oktopussystem, d.h. einen zusätzlichen Mitteldruckschlauch. Bei
Tauchtiefen bis 20 Meter kann alternativ auch dieses System zum
Einsatz gebracht werden. Die Kaltwassertauglichkeit ist grundsätzlich
in der EN 250 geregelt.
Daneben sind auch die technischen Taucher (z.B. sogenannte
Trimixtaucher) zu betrachten. Aufgrund der zu erreichenden
Tauchtiefen (bis zu 100 Meter Tauchtiefe und mehr) müssen diese
unbedingt mit der von ihnen verwendeten Ausrüstung vertraut sein und
über eine hierauf abgestimmte Ausbildung verfügen. Andernfalls nehmen
Unfälle oder Störfälle oftmals ein tödliches Ende. Hierbei ist auch
zu beachten, dass Rettungsmaßnahmen generell nur bis zu einer
Tauchtiefe von 30 Metern möglich sind. Diese Tiefe ergibt sich aus
den für die Rettungsorganisationen geltenden Regelungen.
Die Tatsache, dass in den letzten Jahren mehrere Taucher im
Starnberger See tödlich verunglückt bzw. schwer verletzt worden sind,
dürfte grundsätzlich dafür sprechen, die Ausübung des Tauchsports
weiter zu reglementieren. Gerade diese Reglementierungen stellen
gegenüber einem (generellen oder auch nur örtlich begrenzten)
Tauchverbot aber in jedem Fall das mildere Mittel dar, das
dementsprechend weiter zu verfolgen ist.
Im Wasserrechtsverfahren wurde die Zulässigkeit der Gewässerbenutzung
überprüft. Im Benehmen mit den zuständigen Behörden und sonstigen
Verfahrensbeteiligten Stellen wurde geprüft, ob und inwieweit
Sporttauchen mit Atemgerät im Starnberger See mit den rechtlich
geschützten Interessen der Allgemeinheit und Dritter im Einklang
steht. Im besonderen Maße waren hier auch die Interessen der
gewerblichen Taucher (Tauchschulen) zu berücksichtigen, die neben
einer öffentlich-rechtlichen Erlaubnis grundsätzlich auch das
privatrechtliche Einverständnis des Gewässereigentümers, hier des
Freistaates Bayern, vertreten durch die Verwaltung der staatlichen
Schlösser, Gärten und Seen – Außenstelle Starnberger See. Ein
generelles Tauchverbot würde vor allem die ansässigen Tauchschulen
und Tauchcenter erheblich treffen und könnte Existenzgefährdende
Auswirkungen haben. Dagegen muss allerdings beachtet werden, dass es –
auch in der jüngeren Vergangenheit – im Verlauf von angebotenen
Tauchkursen immer wieder auch zu (tödlichen) Tauchunfällen am
Starnberger See kam.
Bei diesen Tauchunfällen spielte nicht zuletzt auch die Größe der
Tauchgruppe eine Rolle, so kamen zum Teil vier bis fünf Tauchschüler
auf einen Tauchlehrer. Gerade aber in der Anfängertauchausbildung
muss sich der Tauchlehrer absolut auf einen Tauchschüler
konzentrieren können um beim Auftreten etwaiger Gefahrensituationen
sofort eingreifen zu können. Bei der fortgeschrittenen
Tauchausbildung kann aufgrund der bereits bestehenden (Erst-)
Erfahrungen der Taucher die Gruppe auf zwei Tauchschüler je
Tauchlehrer aufgeweitet werden. Gegebenenfalls müssen bei größeren
Tauchausbildungen weitere (Hilfe-)Tauchausbilder seitens der
Tauchschulen eingesetzt werden um auch hier die Sicherheit der
einzelnen Tauchschüler zu gewährleisten.
Nach dem Ergebnis der Prüfung ist eine Beeinträchtigung des Wohles
der Allgemeinheit und von Rechten Dritter nicht zu besorgen, wenn die
Auflagen und Bedingungen eingehalten werden.
Die örtliche und sachliche Zuständigkeit des Landratsamtes Starnberg
zum Erlass dieses Bescheides ergibt sich aus Art. 75 Abs. 1 BayWG
sowie Art. 3 BayVwVfG.
Die Kostenentscheidung beruht auf Art. 1, 2, 3 Abs. 1 Nr. 2 des
Kostengesetzes (KG).
Rechtsbehelfsbelehrung
Gegen diesen Bescheid kann innerhalb eines Monats nach seiner
Bekanntgabe Klage bei dem Bayerischen Verwaltungsgericht in 80005
München, Postfach 20 05 43 (Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335
München) schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der
Geschäftsstelle dieses Gerichts erhoben werden. Die Klage muss den
Kläger, den Beklagten (Freistaat Bayern) und den Gegenstand des
Klagebegehrens bezeichnen und soll einen bestimmten Antrag enthalten.
Die zur Begründung dienenden Tatsachen und Beweismittel sollen
angegeben, der angefochtene Bescheid soll in Urschrift oder in
Abschrift beigefügt werden. Der Klage und allen Schriftsätzen sollen
Abschriften für die übrigen Beteiligten beigefügt werden.
Hinweise zur Rechtsbehelfsbelehrung:
- Durch das Gesetz zur Änderung des Gesetzes zur Ausführung der
Verwaltungsgerichtsordnung vom 22.06.2007 (GVBl 2007, 390) wurde das
Widerspruchsverfahren im Bereich des Wasserrechts abgeschafft. Es
besteht keine Möglichkeit, gegen diesen Bescheid Widerspruch
einzulegen.
- Die Klageerhebung in elektronischer Form (z.B. durch E-Mail) ist
unzulässig.
- Kraft Bundesrechts ist bei Rechtsschutzanträgen zum
Verwaltungsgericht seit 01.07.2004 grundsätzlich ein
Gebührenvorschuss zu entrichten.
Heinrich Frey
Landrat