HLW im Wasser

  • Moin!
    Ich habe da mal eine grundsätzliche Frage in Sachen Taucherrettung:


    Ich hatte heute einen Erst-Helfer-Auffrischung-Kurs.
    Da wurde mir, auf Grund meiner Nachfrage gesagt, dass eine Beatmung ohne Herz-Druckmassage bei Kreislaufstillstand sinnlos ist. Somit sei es wichtiger, das Opfer schnellstmöglich aus dem Wasser zu bergen (Ufer, Plattform, Boot etc.) als sinnlos Zeit in eine Beantmung zu investieren.
    Was ist Eure Meinung bzw. Erfahrung?


    Gruß Dirk

  • Keine Meinung sonder Fakt ist,
    dass der gute Mann vollkommen Recht hat!


    Anhand der Pathophysiologie ist das mittlerweile bewiesen und in den aktuellen CPR Maßnahmen bei ERC und AHA umgesetzt.


    Mit anderen Worten, daher drückst du seit mehreren Jahren nicht mehr 15mal sondern 30mal... und es gibt weitere Studien die gänzlich auf die Beatmung verzichten.
    Man geht davon aus (mal ganz laienhaft ausgedrückt), dass sich für die Grundversorgung genügend Sauerstoff im Blut befindet... wie gesagt hier wird noch eifrig diskutiert. Bewiesen ist jedoch das ohne Kreislauf, also drücken, noch so viel Sauerstoff keinerlei Erfolg bringt. Ehrlich gesagt beim kurzen drüber nachdenken ist das auch nicht so verwunderlich



    greetz

  • Hi Dirk,
    die Aussage ist so schon richtig.
    Was nutzt der Austausch der Atemluft in der Lunge, wenn bedingt durch den Herz- / Kreislaufstillstand kein Sauerstofftransport über das Blut stattfinden kann?
    Unabhängig davon ist die richtige Atemspende an Land schon nicht so einfach. Wie soll das dann noch vernünftig im Wasser funktionieren, zumal hier noch die Gefahr besteht, dass bei der Aktion dem Opfer noch Wasser in die Atemwege gelangen kann.


    Grüße, Gerd

  • Sehr Richtig,


    was Ihr alle sagt. Auch, was der Ausbilder sagt und empfiehlt.
    Allerdings bezieht sich die Argumentation auf den Fall des Herzversagens, also eines primär kardialen Problems.
    Ertrinken geht allerdings oftmals mit primär respiratorischen (Atem-) Problemen einher.
    In den ERC-Guidelines 2005, Sektion 7c (Ertrinken), wird für den erfahrenen Retter empfohlen, nach dem Öffnen der Atemwege und fehlender Spontanatmung das Opfer für ca. 1min zu beatmen, und danach, abhängig von der Distanz zum (alleinig rettenden) Ufer/Boot das weitere Vorgehen zu entscheiden.
    Diese Empfehlung klingt kompliziert, und so ist es in der Praxis auch, also bezieht sich diese Empfehlung ausdrücklich nur auf Rettungsprofis, etwa Rettungschwimmer im Dienst etc.


    Fazit: In der Realität habt Ihr und der Ausbilder zumeist den richtigen Weg aufgezeigt.

    "You'd better not kick a tiger in the ass unless you have a plan for dealing with his teeth" (Brian Caruso)

  • Hallo zusammen,


    schließe mich soweit an...


    Natürlich ist Beatmung ohne Kreislauf sinnlos.
    Ich würde auf jeden Fall überprüfen ob ich einen Kreislauf feststellen kann, sprich, ob ich Puls wahrnehmen kann. Ist Kreislauf feststellbaraber keine Atmung: Beatmung und gleichzeitig schleppen!
    Auch ist es abhängig von der Distanz zum Ufer! Bin ich in null komma nix an Land, beginne ich natürlich dort mit den Maßnahmen, ist die Distanz höher und ich brauche länger wie 1 - 3 Minuten, würde ich handeln.
    Sollte ich keinen Kreislauf und Atmung feststellen - ggf ist der Puls ja viel zu schwach - würde ich auch mit Beatmung beginnen. Sollte das Opfer jedoch keinerlei Reaktion auf die Beatmungen zeigen, würde ich sofort von Herz-Kreislauf-Stillstand ausgehen und schnellstmöglich zum Ufer schleppen! Nur dort ist die erforderliche HLW durchführbar.


    Ganz gleich wie Ihr Euch in einem echten Notfall dieser Art verhalten würdet! Hauptsache Ihr helft!!!!!

    *** taste the feeling with Bea ***


    :engelNX: (... immer ein bisschen Licht dabei haben :kerze: )
    DWDD


    "Das Meer ist der letzte freie Ort auf dieser Welt"
    (Ernest Hemingway)

  • Zitat

    Original von maiky1970


    Ich würde auf jeden Fall überprüfen ob ich einen Kreislauf feststellen kann, sprich, ob ich Puls wahrnehmen kann. Ist Kreislauf feststellbaraber keine Atmung: Beatmung und gleichzeitig schleppen!


    Das Festellen von Kreislauf, sprich Puls und Atmung noch im Wasser ist meiner Meinung nach problembehaftet. Denkt man nur mal daran, dass der Verunfallte einen dicken Neoprenanzug oder gar Trocki anhat, wirds mit Pulsmessen schon schwierig.
    Zudem tun sich Laienhelfer schon an Land mit Feststellen von Puls und Atmung schwer, wenn sich ein gewisser Stresslevel eingestellt hat.


    Gerade deshalb wird ja auch nach den neuen Richtlinien der ERC und AHA nicht mehr expliziet nach vorhandenem Puls geprüft, sondern davon ausgegangen, dass bei Nichtansprechbarkeit ein Herz-Kreislauf-Stillstand vorliegt. Hat zur Folge, dass sofort mit HLW begonnen wird,
    und zwar mit dem Drücken.


    Ich denke, es sollte das vornehmliche Ziel des Tauchers (der in den meisten Fällen ja Laienhelfer ist) sein, den Verunfallten so schnell wie möglich an das Ufer/Boot zu verbringen.


    Wie Derk ja schon bemerkte, ist die erste Hilfe im Wasser doch eher etwas für den erfahrenen Retter.


    Grüssle
    Thorsten

    Das Fliegen, sagt der Reiseführer "Per Anhalter durch die Galaxis", ist eine Kunst oder vielmehr ein Trick. Der Trick besteht darin, daß man lernt, wie man sich auf den Boden schmeißt, aber daneben.
    Such dir einen schönen Tag aus und probier's. (Douglas Adams)

  • Zitat

    Original von ThorstenL
    ...
    Gerade deshalb wird ja auch nach den neuen Richtlinien der ERC und AHA nicht mehr expliziet nach vorhandenem Puls geprüft, sondern davon ausgegangen, dass bei Nichtansprechbarkeit ein Herz-Kreislauf-Stillstand vorliegt. Hat zur Folge, dass sofort mit HLW begonnen wird,
    und zwar mit dem Drücken.
    ...


    So krass ist es nicht ganz Thorsten ;) Es wird in den Erste-Hilfe Kursen gelehrt, dass man überprüft ob der Patient ansprechbar ist. Wenn nicht, wird noch die Atmung kontrolliert. Bei nicht vorhanden Atmung wird dann von einem Kreislaufstillstand ausgegangen und mit der CPR begonnen.


    Imho ist das was Derk sagte sehr wichtig. Bei einem Herz-Kreislaufstillstand im Wasser liegt meist eine respiratorische Ursache vor. Das heißt, dass dann nicht direkt gedrückt wird, sondern erst 5 Initialbeatmungen gemacht werden.
    Beim "Standart" Herzkreislaufstillstand eines Erwachsenen wird ja sonst von einer kardialen Ursache ausgegange, d.h. es ist noch genug Sauerstoff im Blut vorhanden. Deshalb wird dann direkt mit dem drücken begonnen. Mittlerweile wird in (glaube ich) USA sogar die Reanimation ohne Beatmung gelehrt.
    Es bringt aber eben nichts, wenn kein Sauerstoff mehr im Blut vorhanden ist. Dann pumpt man das Blut nur im Kreislauf umher...


    Aber zur Frage: Ganz klar so schnell wie möglich an Land und dann mit der Reanimation beginnen!


    Grüße
    Chris

    :kniefall:Königreich Württemberg - furchtlos und treu :kniefall:

    Einmal editiert, zuletzt von Chris89 ()

  • Ich fand es noch zu milde ausgedrueckt, eher wuerde ich sagen: Pulskontrolle im Wasser: Vergiss es. Beide Taucher in Neopren und mit Handschuhen? Und das, wo doch sogar behauptet wird, dass unter etwas Stress selbst Rettungssanitaeter haefig in beiden Richtungen unter sonst guten Bedingungen bei der Pulskontrolle eine Zufallsergebnis bekommen.


    Und selbst wenn wir zu dem Schluss kommen, dass im Wasser eine Beatmung im Prinzip wuenschenswert waere, bleiben nach wie vor die Fragezeichen, ob man das ueberhaupt effektiv machen kann (nach einer der beliebten Methoden mit dem Mund, dem Schnorchel oder dem Automaten). Da bleiben die seit langem berechtigten Zweifel, ob man so ueberhaupt nennenswert Luft in einen Taucher im Anzug reinbekommt und das alles nicht nur eine Behinderung eines schnellen an-Land-Bringens ist.

  • Um dann mal auf die Erfahrungswerte zu kommen...
    jeder der beschriebenes Szenario ordentlich bewerten kann, ist mein Held!


    Damit meine ich die Unterscheidung von Atemstillstand resp. insuffizienter Atmung gegenüber Herz- Kreislaufstillstand unter diesen Voraussetzungen, gefolgt von einer suffizienten Beatmung unter Öffnung und Sicherung der Atemwege... Respekt.


    Daher kann ich (aus Erfahrung) allen nur Recht geben, die diese Situation, mit einem schnellen Bergen des verunfallten an Land, o. ä. lösen wollen.
    Allen anderen viel Glück und gutes gelingen (sorry, für die leichte Zynik).


    greetz

  • Danke fuer die Besserwisservorlage: Ich hoffe, Du meintest "an Land retten".


    Und ja, Bahre-Trage, Schraubenschluessel-/Dreher, scheinbar/anscheinend und so. :boxing:

  • Moin,


    eine effiziente Erstversorgung wirst Du nur an Land einleiten und durchführen können, somit ergibt es sich, den Verunglückten so schnell wie möglich an Land zu bringen und keine Zeit mit -sorry- irgendeinem rumgehampel (Pulstasten/Anamnese/Beatmen) zu verschwenden.
    Ist der Taucher nicht ansprechbar oder reagiert er nicht adequardt sollte er so schnell als möglich aus dem Wasser.
    Alles was Du im Wasser machst, wird nicht viel Wert haben, da der Sauerstoff nicht transportiert wird, geschweige denn, Du die Person überhaupt beatmet bekommst.
    An Land, Neo aus Puls/Atemkontrolle bei HKS nach dem Standart reanimieren 2 x beatmen 30 x Thoraxkompression
    Wenn der Taucher ein respiratorisches Problem hat und die Lunge vollgelaufen ist, birgt die großzügige Beatmung (5 x oder mehr) die Gefahr, das der Magen aufgepumpt wird und sich der Taucher noch zusätzlich übergibt.


    Lieben Gruß, arnd

  • Dann bin ich ja beruhigt, dass ihr auch alle diese Meinung vertretet und ich nicht auf dem falschen Dampfer bin. =)
    Nur schade, dass es immer noch in einigen Verbänden gelehrt wird das Opfer im Wasser auf dem Weg zum rettenden Ufer zu beatmen und somit wichtige Minuten zu vergeuden.
    Ich finde es viel wichtiger, den Tauchern zu vermitteln das es besser ist schnell ans Ufer zu kommen um zu reanimieren, als irgendwelche waghalsigen Beatmungen im Wasser zu versuchen. Das nimmt den Rettern im Notfall dann auch die Angst falsch zu handeln, da sie das Opfer unterwegs evtl. noch ertränken würden.
    Ich hoffe alle Verbände werden diesen Punkt in Ihrer Ausbildung mal überarbeiten.
    Gruß und schönes WE,
    Dirk