Reisebericht Mexiko, 09.03-24.03.2004
Am Dienstagmorgen um 4.00 Uhr klingelte der Wecker. Ich stand ausnahmsweise gerne auf (ging es doch nach Mexiko!), nach einer Tasse Kaffee war ich dann fit für die Reise. Tauchtasche vor die Tür, 10 T-Shirts unter den Arm und ab ins Taxi! HH-Airport, ich komme! Kontrolle aller Sachen: Lungenautomaten raus, Akku vom Brenner lösen, Gürtelschnalle ab und rein in den Flieger. Dann standen wir aber erst mal auf der Rollbahn, denn in Frankfurt konnten wir nicht landen. Alles vereist und verschneit im Süden (bei uns an der Küste hat’s natürlich geregnet!). Dann ging es mit 75 Minuten Verspätung los (im Geiste sah ich schon die Rücklichter des Anschlussfluges nach Cancun), doch in Frankfurt habe ich dann noch gerade eben den Flieger bekommen.
Mexiko ich komme!
Meinem schlimmsten Feind wünsche ich keine 11 Stunden Flug mit einem 18 Monaten jungen Säugling und einem 3 Jährigem Kleinkind auf dem Platz nebenan. Der Kleine war nur zur Fütterung (nach 6 Stunden!) leise, da er den Mund sehr voll hatte. Kaum war das Essen im Bauch, war es wieder draussen und der Mund frei, um munter weiter zu schreien. Als der Flughafen Cancun in Sichtweite kam, freute ich mich auf einen erholsamen Rückflug (es sollte anders kommen, junge Eltern mit zwei Kindern können sich auch nur 14 Tage leisten!)
Am Flughafen erwartete mich der Transfer-Service nach Tulum. Nein, keine Stretchlimo., nur ein Taxi aber mit Klimaanlage und einem netten und gut gelaunten Fahrer. Nach 1,5 Stunden dann Ankunft am Aktun-Dive-Center bei Gunnar und Lina in Tulum. Die kleine gesellige Runde im Palmengarten begrüsste mich herzlich und schnell war ein mexikanisches Bier in meiner Hand. Später dann wurde das Zimmer im Taucherhotel bezogen. Klein, gemütlich, ein gutes Bett, Tisch und Stuhl und Bad.
Einen Gecko als Untermieter muss man einfach haben. Er hält das lästige Viehzeugs ab. Ohne Gecko kraucht und fliegt noch mehr durchs Zimmer! Glück dem der einen Gecko hat!!
Am nächsten Tag dann das formelle Einchecken mit allen üblichen Dokumenten und Erklärungen und am Nachmittag dann der Checkdive in der Cenote Angelita. Dies ist kein Höhlensystem, sondern ein Sinkhole.Ein Hohlraum in der Erde ist eingestürzt und hat sich mit Wasser gefüllt. Besonders ist zu betonen, dass es hier in etwa 33m Tiefe eine Schicht mit Schwefelwasserstoff gibt. Kommt man der Schicht näher, ist es als ob man einen Grund vor sich hat. Jedoch ist es eine Schwebeschicht, durch die man hindurchtauchen kann. In der Schicht ist es dann schnell dunkel, es riecht nach faulen Eiern, man schmeckt etwas und es kribbelt auf der Haut. Unterhalb der Schicht gibt es dann Salzwasser und es ist dann auch weiterhin dunkel, gute Lampen sind ein Muss. Das Sinkhole fällt weiter ab auf 60m. Nach dem Auftauchen mit Gas-Wechsel, Hebesack setzen, Deko-Stopp und einer guten Aufstiegs-Geschwindigkeit, war klar, dass ich ein Taucher mit ausreichenden Kenntnissen und Fertigkeiten bin.
Dem Full-Cave-Kurs stand also nichts mehr im Wege.
Was allerdings die psychischen Belastungen in der Höhle bei Nullsicht, mit bis zu 18m Gestein über dem Kopf und rund 250m Entfernung vom Ausgang angeht, so sollte man sich im Vorfeld Gedanken machen. Als ehemaliger Bergmann im Steinkohlenbergbau und Hafenbecken-Taucher kannte ich nun einiges, aber Höhlentauchen ist schon etwas anders! Manch einer bricht den Kurs ab! Zu Recht und aus gutem Grund.
Derjenige hat sich Gedanken gemacht! Diese Entscheidung muss man akzeptieren und respektieren. In der Höhle ist man weit weg vom Ausgang, manchmal ist es sehr dunkel (auch mit Lampe).Dieser Sport ist nichts für harte Männer, Kampftaucher und Möchtegern-Tekkis. Viel mehr sollte man (Frau) ein gutes Urteilsvermögen, einen klaren Kopf und ausreichend Selbstdisziplin haben. Auch sollte man auf das Urteil eines kritischen Höhlentaucher-Ausbilders hören. Ich habe festgestellt, das im Aktun-Dive-Center nicht einfach nur Kurse verkauft werden. Die Ausbilder dort sind sehr kritisch und stehen auch zu ihren Entscheidungen. Ich habe auf Toddys Rat gehört und bin sehr zufrieden!
Der Cave Kurs startete dann mit Theorie und Trockenübungen im Garten. Orientierung in der Höhle findet mittels Leinen statt. Wie aber werden Leinen gelegt? Wann benutzt man (Frau) welches Reel oder Spool? Wie werden Richtungspfeile gesetzt, usw. usw. ... Der Umgang mit Reels, Pfeilen, Persönlichen Markierungen und der Höhlenumgebung will gelernt sein. Am nächsten Tag dann ein Cavern Tauchgang in der Cenote Calavera. Ein Cavern Tauchgang folgt einer Führungsleine welche im Tageslicht-Bereich eines Höhleneinganges verlegt ist. In der Cenote Calavera ist dies ein sehr schöner und grosser Rundkurs. Hier kann der zukünftige Höhlentaucher schon einmal testen, ob ihm das Höhlentauchen zusagt.
Die Umsetzung der Trockenübungen ins nasse Element erfolgte dann in der Cenote Aktun-Ha. Die Übungen im Freiwasser, mit Leinen-Drill, ohne Sicht und „out of air“ und alles zusammen macht schon Spass, ist notwendig, aber sollte niemals eintreten.
Es folgten verschiedene Tauchgänge in verschiedenen Höhlen-Systemen mit den unterschiedlichsten Übungen. Kurz gesagt: ich hatte bei keinem meiner Höhlentauchgänge Langeweile, jedoch genug Gelegenheit, nichts von der Schönheit und Faszination der Höhlenwelten zu verpassen.
Zwischen den Tauchgängen genoss ich das typische Mexikanische Essen im Restaurant des Aktun-Dive-Centers. Miriam (die Schwester der Chefin), Elmar und seine Köche sorgten herzlichst für unser Wohl. Hier noch einmal mein Dank. Ein super Team! Am Abend ging es dann mal an den Strand (6 Km weiter) in die ein oder andere Bar! Ein paar Feierlichkeiten standen dann auch noch an (Geburtstage werden richtig gefeiert!) und so hatte ich dann auch nie Langeweile (Theorie habe ich auch noch jede Menge lernen müssen!).
Das Training ging rasend schnell voran und war dann schon wieder vorbei. Täglich lernte ich Neues und sah faszinierende Höhlen.
Ich habe ja als Taucher die unterschiedlichsten Erfahrungen gemacht und gedacht, tauchen zu können. Eins muss ich aber ganz ehrlich zugeben: In den 14 Tagen Mexiko, mit Full-Cave-Kurs und Advanced-Cave-Kurs (Multiple-Stage) habe ich das Tauchen neu gelernt. Tarieren, Ausrüstungs-Konfiguration, Gasmanagement, Tauchgangsplanung, Deko und Disziplin sind beim Höhlentauchen extrem wichtig und müssen beherrscht werden.
Höhlentauchen ist Tauchen am Limit.
Mit der richtigen Ausbildung und der dem Höhlentauchen angepassten Ausrüstung ist dies aber ein sicherer und schöner Sport. Die Höhlenwelten, in die man (Frau) eintaucht, sind so wunderbar, schön, geheimnisvoll, aufregend, magisch, beeindruckend... Kurz gesagt: „ Das ist der Wahnsinn!“ (Hey, Patrick/Toddy: Ihr wisst Bescheid, gell!).
Ich möchte nochmals dem ganzen Team danken! Ein gelungener Urlaub mit sinnvoller Ausbildung, einer schönen Welt unter Wasser (und unter der Erde!), gutem Essen, lecker Bierchen und wirklich netten Menschen!
Zum Schluss dann noch Hinweise zur Lektüre:
„the CENOTES of the RIVIERA MAYA” von STEVE GERRARD, (see you again in Tulum!)
„Höhlentauchen, Tauchpraxis” von Thilo Künneth u. Paul W. Munzinger (CALA VERA ist wirklich schön!)
„Die Kunst des sicheren Höhlentauchens”, ein Lehrbuch der NACD (National Association for Cave Diving),
aus dem Amerikanischen von Sandra Grünewald und Willi Schmidbauer im blue point Verlag
Und einer Menge anderer guter Bücher!
©Alle Bilder mit freundlicher Genehmigung von Aktun Dive Center!