Hallo allerseits,
hab lang ueberlegt, ob ich auch meinen Senf dazu geben soll, aber bei
ein paar Dingen faellt es mir schwer, sie so stehen zu lassen, andere,
in meinen Augen wesentliche, sind bisher ueberhaupt nicht zur Sprache
gekommen.
Ich geh einfach mal die Postings durch, geb meinen Senf dazu
und bring am Schluss noch ein paar Anmerkungen.
mike.h
Weiter auf Tiefe gehen bei bestehenden Symptomen halte ich
fuer kritisch, es _kann_ besser werden, in den meisten Faellen
wird es aber schlechter und das kann dann _sehr_ schnell gehen
und auch sehr schnell ins Auge gehen..
Auch angenehme Gefuehle koennen ein TR sein, N2 Narkose
verstaerkt die aktuell vorherschende Gefuehlslage.
Westo501
>Mit 200 TG .... da war ich auch mein eigener König.
dem ist nix hinzuzufuegen, die in meinen Augen gefaehrlichste
Phase im Leben eines Tauchers
rocco
> Blick auf das Fini und 10sek später
>"Wie war eigentlich mein Flaschendruck"?
Der war ok, sonst wuerdest Du ihn wissen
imho eher selten ein Symptom von TR sondern einer hohen
Taskload, d.h. alles was unwichtig ist wird ausgeblendet:
Blick auf Fini -> Druck ok -> somit unwichtig -> vergessen bis zum naechsten Blick
> auch feststelle ist die N2-Gewöhnung
korrekt
sunshineblub
> 28 Meter, warm, super Sicht, leichter Durchfall,
also eine Infektion, Stress im Koerper, geschwaecht, schlechte Tagesform ...
Ein TR kann mit Tiefe was zu tun haben er muss es nicht.
Es gibt zig andere Faktoren. Imho wichtigere.
Ralph W.
> wer mit Luft über 40m hinaus taucht ist ein Kamikaze.
Ich halte diese Aussage in dieser Pauschalitaet fuer kontraproduktiv.
Es gibt 10..20 Faktoren die bei erhoehtem ppN2 einen TR ausloesen,
der ppN2 ist nur einer davon.
Nitrox21
> kenne ... keinen, der erzählt hat, dass er mit Luft in 150m ein
> Problem hatte...
doch, die gibt es, wenngleich es nur eine knappe Handvoll sind.
(ich meine jetzt nicht Apnoetaucher)
Frank2007
>Frage: Warum haben denn die ganzen Sporttauchverbände das
>Tiefenlimit für Sportauchgänge auf 30m korrigiert???
da wuerde ich doch vorsichtig widersprechen
Es gibt da noch ein paar bei denen das nicht so ist. Selbst im Roten
Meer liegt die allgemeine Grenze seit Januar bei 40m und es ist dort
problemlos moeglich mit dem offiziellen Segen vieler Basen mit Luft
bis 55m zu gehen, die entspr. Ausbildung und Ausruestung
vorrausgesetzt.
Und ... mal etwas provokativ gefragt:
vielleicht schielen viele auf die 30m, um die Anforderungen
in der Ausbildung senken zu koennen ?
7.tease
>Tiefenrausch, war im warmen Wasser auf 30m und Strömung.
>War mit der Strömung überfordert und dann karm Angst noch
endlich mal einer, der Stress und CO2 anspricht
Jetzt stell "nur" mal "schnell" die mir bekannten Faktoren zusammen:
-ppN2
der Grundstoff, der fuer den TR verantwortlich ist,
ob es aber dazu kommt haengt nicht alleine an ihm
-Einwirkzeit des ppN2
ein paar Minuten macht i.d.R. wenig aus, erst nach einer gewissen
Einwirkdauer treten Symptome auf. Das merkt man dann aber recht
deutlich, wenn man sich selbst kennt und in der Lage ist, auf
seine innere Stimme zu hoeren.
-Abtauchgeschwindigkeit
da bin ich mir nicht sicher ob das wirklich eine Rolle spielt.
Ich vermute, dass geringfuegigeste Druckunterschiede zw. linkem
und rechtem Ohr bei der schnellen Druckzunahme da weitaus
mehr TR aehnliche Symptome wie Drehschwindel, Sternchen sehen
etc erzeugen. Ich bin eigentlich eher ein langsamer "Durchfaller"
aber je nach Spot komme ich auch mal auf 20-30m/min.
Das geht mal und geht auch mal nicht. Wenn es nicht geht,
bremse ich und die Symptome sind nach ein paar Sekunden weg.
In meinem Fall ist das definitiv kein TR, der geht so schnell
nicht weg und schon gar nicht beim weiter auf Tiefe gehen
-persoenliche Grund-Disposition
spielt bei den ersten tieferen Tg eine Rolle. Geht meist irgendwann
in den anderen Faktoren unter. Man sollte sie aber kennen,
da sie ziemlich varieren kann. (Nicht direkt uebertragbar aber
ein gar nicht so schlechter Vergleich: mal den Zahnarzt fragen
wie breit die Streuung beim Einsatz von Lokalanaesthetika ist)
-Tagesform incl. Muedigkeit, Gesundheitszustand, ggf. Restalkohol
imho ein sehr wichtiger Faktor, manchmal erst unter Wasser feststellbar,
dann sollte man seine innere Stimme wahrnehmen
-Training auf hohe ppN2
spielt bei den meisten eine ziemliche Rolle.
Nach einem halben Jahr Baggersee-12m-Sandumgraben sind bei mir
die ersten ein, zwei +/- 40er gewoehnungsbeduerftig. Nach einer
Woche auf dem entspr. Schiff, der entspr. Basis eine angenehme Tiefe
fuer den ersten kurzen Stopp.
-die Tiefe an sich, unabhaengig vom ppN2
Da kommen indirekte Faktoren wie erhoehte Atemarbeit aufgrund der
Gasdichte oder enger werdende Anzuege dazu und fuehren zu einem
hoeherem ppCO2 (s.u.)
-Temperatur
bei mir recht einfach: je kaelter desto balla und zwar deutlich
-Sichtweite
dito
-Helligkeit
unterschiedlich bei mir: grau, dunkel, schwarz verstaerkt den TR
ein tiefes sattes Dunkelblau schiebt ihn weiter raus.
Dito bin ich ueber dunklem, schwarzem Vulkangrund empfindlicher
wie ueber hellem, weissem Sand.
-Reale (Hoehle, Wrack) oder optische (Lampenkegel) Einengung
alles was beklemmen kann
-Angst vor TR
wenn ich Angst vor einem TR auf 40m habe wird er bei 40m kommen
habe ich Angst vor ihm auf 30m wird er bereits auf 30m kommen.
Vorsicht, der Umkehrschluss gilt nicht
-ppCO2
ein weithin unterschaetzter Faktor. Ein hoher CO2 Spiegel kann einen
TR ausloesen und ihn massiv verstaerken. Verschaerft wird das ganze
dadurch, das der Koerper in der Lage ist CO2 in Muskulatur etc. zu
bunkern, welches ggf. unter unguenstigen Umstaenden dann auch
noch vermehrt wieder ausgeschuettet wird. Dass durch den hohen
ppO2 auf Tiefe der Atemreflex eben nicht mehr passend zu der
abzugebenden CO2 Menge kommt macht die Sache nicht einfacher.
Ergo: ab und an wirklich durchatmen auch wenn's nicht noetig scheint
und: keine Anstrengung auf Tiefe, gar nie nicht !
-alle die ich noch vergessen hab
Jetzt noch ein paar Worte zu den Symptome, soweit ich sie kenne,
sie koennen auftreten, zusammen, einzeln, muessen es aber nicht.
-optische Wahrnehmungsverschiebungen
Fehlinterpretation von Formen, Falschfarbensehen
Wobei, es gibt auch auf groessen Tiefen Lebewesen, die in rot oder
gelb phosphorisieren, das kann einem da ziemlich erschrecken
-akustische Wahrnehmungsverschiebungen
da bin ich mir nicht sicher ob das nicht durch die veraenderte
Schall-Leitfaehigkeit der Atemluft in den Kopfhoehlen verursacht wird.
-Geschmacksveraenderungen
sauerer, bitterer, metallischer Geschmack im Mund
-Schwindel, Sternchen
kann ppN2 sein, kann aber auch eine Druckdifferenz links/rechts sein.
Sternchen oder besser "white Flashes": da wirds haarig, das ist eher zu hoher ppO2 !
-Verlangsamung
meist das erste Symptom, ziemlich unaffaellig,
kann durch Training, Gewoehung, Adrenalin reduziert werden
-Reduktion der Aufnahmefaehigkeit
teilweise, ich tippe da aber auch auf zwei andere Symptome:
Verlangsamung: wenn ich laenger brauche um meinen Tauchkomputer
abzulesen, ich aber aber genauso lang wie sonst auch drauf schau, muss
ich mehrmals gucken. Sind meine Automatismen angepasst guck ich
automatisch laenger und ich kann wieder alles erfassen.
Hohe Task load: Luftvorrat muss oefter kontrolliert werden wg. Tiefe
und schnell steigender Deko, die Sorge um den Tauchpartner steigt,
der Rueckweg ist oft laenger/komplexer. Ich hab mehr zu tun.
Stimmen nun die Automatismen nicht mehr, faellt "Unwichtiges"
unter den Tisch.
-innere Stimme,Gefuehl
ein in meinen Augen sehr zuverlaessiger Indikator, leider nur sehr
dezent zu hoeren und man muss auch drauf hoeren wollen.
Imho eine der am schwersten zu erlenenden Faehigkeiten:
rechtzeitig abbrechen.
-Tunnelblick
kommt bei mir mal, kommt mal nicht
Wenn man selbst in einem "Tunnel" ist (Hoehle, Nacht, schlechte Sicht)
sehr schwer wahrzunehmen. Im Klarwasser deutlich zu bemerken
-alle die ich noch vergessen hab
In der Summe gesehen: ein komplexex Thema
Weder durch "wer tiefer wie 40 taucht ist ein <<<Schimpfwort>>> "
noch durch "ist doch alles kein Problem, nur Weicheier haben TR"
sinnvoll abzudecken.
Ein TR kann fast in jeder Tiefe auftreten, mich hat es schon auf 17m
bei heller Sonne im recht klaren Haussee bei einem absolut stressfreien
TG erwischt (uebernaechtigt und uebermuedet) genauso wie ich bei
69m in hellem, warmen, klarem Wasser absolut symptomfrei war.
Ja, ja, ich weiss was jetzt kommt Nur ... ich tauche lange genug
in solchen Tiefen um zu wissen, wann ich einen in der Birne habe
und wann nicht.
Irgendwo dazwischen liegt meine (tagesformabhaengige !!) Grenze.
Im Kaltwasser hoer ich bei 50m auf, im Warmwasser geht es bis
zur o.g. Tiefe. Wenn alles stimmt ! Und nur dann !
Und auch nur dann wenn es etwas gibt, das sich lohnt anzusehen.
Tiefe um der Zahl im Logbuch willen sind doof.
Solche TG sind trotz allem aber sicher durchzufuehren.
Nur, man sollte sich darueber im klaren sein, die sichere Durchfuehrung
solcher TG lernt man nicht von heut auf morgen mit ein paar hundert
gesamt TG. Es muessen angepasste Automatismen entwickelt werden,
das theoretische Wissen muss vorhanden sein und man sollte sich sicher
und ohne Vorbehalte einschaetzen koennen.
Dass eine entspr. Ausruestung und ein entspr. Luftvorrat dazu gehoert
setze ich jetzt ohne weitere Diskusion vorraus, das versteht sich von selbst.
Die Entscheidungsfreiheit, ob man solche TG durchfuehrt,
die kann einem niemand nehmen, am wenigsten ein Verband
oder Unternehmen, bei dem ganz anderen Interessen im
Vordergrund stehen.
Deshalb auch mein Tipp an mike.h:
Lass es langsam angehen, taste Dich langsam an die Tiefe ran,
lerne Dich, Deinen Koerper, Deine Psyche kennen. Lerne Deine
Ausruestung perfekt in jeder Situation zu beherschen.
Rede und tauche mit erfahrenen Leuten, hoer Dir die
unterschiedlichen Meinungen an, lerne das Tauchen mit
Mischgas und dann ... dann bilde Dir _Deine_ Meinung.
Und ... lern auf Deine innere Stimme zu hoeren. Sie hat recht,
ob Dir das nun grad in den Kram passt oder nicht.
Und ... als Schlusssatz:
ja, ich weiss, wie sich 60+ TG mit Trimix tauchen,
sowohl im Roten Meer wie auch im Kaltwasser.
Luft und Trimix, beides hat seine Berechtigung,
beides hat seine Vor- und Nachteile.
Und jetzt ...
eine gute Nacht allerseits und viele Gruesse
Guenter